Der Hund kommt näher = der will gestreichelt werden?

Im Sprich Hund Check! nehmen Hundeunternehmer:innen regelmäßig Mythen unter die Lupe! Im heutigen Check geht es um den Wunsch nach Streicheleinheiten und ob der wirklich jedes Mal besteht, wenn sich ein Hund uns nähert. Nadine Schiffer von Hundetraining Nadine Schiffer hat die Sache auf den Punkt gebracht!

Falsch: Der will IMMER gestreichelt werden!
Richtig: Das kann verschiedene Grüne haben! Gewünschter Sozialkontakt, Spielaufforderung, Hunger, ...

Die Zeiten, in denen Hunde überwiegend im Zwinger oder auf dem Hof gehalten wurden, sind, zumindest in Mitteleuropa, vorbei. Normalerweise lebt Dein Hund mit Dir gemeinsam in deinem Haus oder in deiner Wohnung.
So ist es also völlig normal, dass Dein Hund im Laufe des Tages immer mal wieder Deine Nähe suchen wird. Vielleicht greifst du dann ganz automatisch nach ihm  und kraulst ihn oder streichelst ihm über den Kopf. Und vielleicht hast Du dabei auch schon einmal bemerkt, dass Dein Hund dann manchmal wieder zurückweicht oder den Kopf wegdreht.
Das ist ein klares Zeichen dafür, dass Dein Hund jetzt nicht gestreichelt werden möchte. Er zeigt Meideverhalten.

Aber wieso kommt der Hund denn dann, wenn er das nicht möchte?

Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Grundsätzlich sind Hunde soziale Lebewesen und möchten einfach am Leben „ihrer“ sozialen Gruppe teilhaben. Vielleicht ist Dein Hund neugierig und möchte einfach nur wissen, was Du gerade tust.
Wenn Du gerade etwas isst, besteht zum Beispiel die Möglichkeit, dass er etwas von Deinem Essen abhaben möchte.
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass ihm langweilig ist und er Dich zu einer gemeinsamen Interaktion auffordern möchte, wie zu einem Spiel oder einem Spaziergang. Letzteres kann auch sein, wenn er raus muss, um sein Geschäft zu erledigen.

Es gibt also ganz unterschiedliche Motivationen bei Deinem Hund, deine Nähe zu suchen. Und nicht immer möchte er dann gestreichelt werden. So wie wir ja auch nicht immer nur mit unserem Partner knutschen möchten, sondern auch andere Dinge mit diesem unternehmen.
Außerdem gibt es bei Hunden wie bei Menschen unterschiedliche Charaktere: der eine mag eher mehr und häufige Schmuseeinheiten, der andere mag es vielleicht nicht so oft und braucht etwas mehr Zeit für sich.

Woran erkenne ich denn dann, dass mein Hund gestreichelt werden möchte?

Wenn Dein Hund von sich aus Körperkontakt anbietet, sich also zum Beispiel an Dein Bein oder deine Körperseite drückt, dann möchte er vermutlich, dass Du ihn streichelst. Strecke Deine Hand aus und berühre ihn vorsichtig, biete ihm quasi deine Hand zum Streicheln an. Wenn Du merkst, dass er diese von sich aus sucht und näher kommt, dann ist dies ein Zeichen dafür, dass er es genießt und gekrault werden mag.
Achte dabei darauf, deine Hand eher von unten an den Hund heranzuführen, auf Höhe der Brust zum Beispiel. Viele Hunde mögen es nicht so gerne, wenn man ihnen von oben den Kopf tätschelt. Sei am Anfang eher sanft und steigere den Druck langsam, um herauszufinden, was Deinem Hund gefällt und welche Stellen er gerne mag.

Wenn Du Deinen Hund an einer Stelle berührst und merkst, dass er auf einmal angespannt wirkt oder seinen Schwerpunkt von Dir weg verlagert, vielleicht sogar ein paar Schritte weggeht, dann lass das zu und halte ihn nicht fest. Dann war ihm diese Stelle vielleicht unangenehm oder der Druck war zu hoch.
Versuche, auf die kleinen Zeichen in der Körpersprache Deines Hundes zu achten, dann wird er vielleicht in Zukunft auch häufiger von sich aus Deine Nähe suchen, um gestreichelt zu werden. Und wenn nicht, dann ist er vielleicht einfach nicht so sehr verschmust, sondern möchte lieber mit Dir die Welt erkunden.

Autorin: Nadine Schiffer von Hundetraining Nadine Schiffer

Weiterführende Links zum Thema:
Meideverhalten